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On the road again...

Im wahrsten Sinne des Wortes, denn mir blieb als Neu-Single nichts anderes übrig, als mich mitten auf die Straße zu stürzen, die mich in die Innenstadt und ins Partyleben führte. Obwohl sich mein erster Post vielleicht kalt und herzlos anhört, so habe ich doch sehr gelitten und wollte nicht heulend alleine im Bett liegen und mich selbst bemitleiden, dass ich fast 6 Jahre mit dem falschen Mann verschwendet hab, der mich zwar liebte, dem ich aber nie gut genug war. Der sich nach nicht mal eine Woche in Dating Apps anmeldete und natürlich sofort die Frau seines Lebens kennenlernte.

Mein Selbstwert hat in dieser Zeit enorm gelitten, ich war ein Häufchen Elend unter meinen langen, blonden Haaren und hinter meiner fake-grinsenden Fassade.

Ich hatte schon länger bemerkt, dass ich gerne Aufmerksamkeit von anderen Männern hätte, weil ich sie schon jahrelang nicht mehr von meinem Partner bekommen hatte. Um es mit einem Werbeslogan auszudrücken, rappelte da echt lang nichts mehr im Karton. Während der letzten Monate meiner Beziehung bekam ich die Aufmerksamkeit oft schriftlich von meinen männlichen Freunden und Bekannten. Sie hatten oft Komplimente für mich übrig, sei es für ein neues Profilbild auf Whatsapp oder einen neuen Post bei Instagram. War ich denn gar nicht so hässlich und unattraktiv, wie ich mich seit Jahren fühlte? War an mir vielleicht doch etwas, das auf andere noch begehrenswert wirkte?

Nackt mochte ich mich nämlich schon lang nicht mehr, nachdem ich krankheitsbedingt 10kg zugenommen hatte. "Wer will schon ein Moppelchen?" war einer der vielen negativen Gedanken, die in meinem Kopf herum schwirrten.

Moment, eine Freundin ruft an...

"Kommst du vorbei? Wir trinken ein Glas Sekt und machen die City unsicher" quietscht es vergnügt von einer 10 Jahre jüngeren Freundin in den Hörer. Klar bin ich sofort dabei, denn was hab ich zu verlieren, nachdem ich in der Woche zuvor einem eigentlich ganz sympathischen Normalo meine Nummer gegeben hatte und er am Donnerstag schon sagte, ich könne mich gern melden, sollte ich in der Stadt unterwegs sein und Lust auf ein Treffen haben.

Schon in der U-Bahn war das Treffen mit ihm und weiteren Freunden von ihm gebongt und ich war aufgeregt, als hätte ich ein erstes Date.

Mir war klar, worauf er hinaus war, denn er kündigte schon beim flüchtigen Kennenlernen in der Woche zuvor an, er sei zwar gut in manchen Dinge, aber nicht gut im Dinge behalten, was ich dahingehend deutete, dass er sich wohl selbst im Bett total feiert, aber keine Lust auf Verpflichtungen hat.

Seine Freunde waren erstaunlich nett und wir verbrachten einen sehr lustigen (und leider auch flüssigen) Abend zu fünft in einer Bar. Wir tanzten alle und feierten das Leben, als ob es kein Morgen gebe.

Seine Freunde schwächelten und verabschiedeten sich schon relativ früh, da waren meine Freundin und ich gerade erst richtig in Feierstimmung, Er beschloss noch bei uns zu bleiben, während meine Freundin den Spaß ihres Lebens dabei hatte, einem Typen falsche Hoffnungen zu machen. Am Schluss musste der junge Mann nämlich feststellen, dass meine Freundin schon seit Jahren glücklich vergeben war.

Ich wusste nicht so recht, was ich mit meiner männlichen Begleitung anfangen soll, denn der Kontakt zu Männern war mir nach der langen Beziehung total fremd geworden: Wie um Himmels Willen flirtet man überhaupt???

Nach einer fünfminütigen, peinlich schweigsamen Pause schlang er seine Hand um mein Gesicht und drehte es zu sich, um mich zu küssen.

Okay, warum einfach, wenn's auch kompliziert geht? Ich fühlte mich ein bisschen wie ein Teenager, der eng umschlungen mit einem fast Fremden knutschend in der Ecke sitzt. Aber es war verdammt gut!

Eigentlich hatte ich mir geschworen, keine leichte Beute mehr zu sein, aber dass ich so lange null Komma null Leidenschaft in meinem Leben hatte, machte mich zu einer typischen "Ich bin eigentlich gar nicht so" - Kandidatin, über die man sich gern an Grillabenden mit Freunden belustigt. Mensch, wir Frauen haben halt auch Bedürfnisse, ob ihr es glaubt, oder nicht!

Da er mir ja ankündigte, er sei gut in manchen  Dinge, freute ich mich auch irgendwie darauf, mit ihm allein zu sein. Doch meine Erwartungen waren wohl zu hoch, denn der Gute hatte nämlich seinen Alkoholkonsum deutlich unterschätzt und naja, sein Körper wollte eben nicht mehr so wie er.

Ich bat ihn, nach Hause zu gehen, was angesichts der Tatsache, dass er fast ein Nachbar von mir ist, nicht weiter verwerflich ist. Doch ich hatte kein Glück: Er wollte unbedingt bleiben und mit mir kuscheln. Er klammerte sich komplett wie ein Affe an meinen Körper, ich hatte keine Chance, mich auch nur 2 Centimeter von ihm weg zu bewegen. Zu allem Überfluss schnarchte er mir auch noch die Ohren voll. Nach 3 Stunden ohne Schlaf, schaffte ich es endlich, mich aus seinem Klammergriff zu befreien. Ich ging duschen, machte meine Haare und kam komplett gerichtet zurück in mein Schlafzimmer, wo der werte Herr immer noch quer liegend in meinem Bett schnarchte und wirkte, als wäre er im Suffkoma. Ich weckte ihn ziemlich unsanft auf, muss ich zugeben, aber es war dann morgens um 9:00 echt an der Zeit, dass er sein eigenes Zuhause aufsuchte. Er war sichtlich angepisst von mir, weil er erwartet hatte, dass wir noch den Vormittag zusammen verbringen würden und eventuell noch ne zweite Runde nachlegen könnten.

Beim Abschied ließ er sich jede Menge Zeit und knutschte mich noch im Türrahmen stehend ab, meinte "es war schön mit dir" und ging.

Wir hatten noch ein paar Wochen Kontakt zueinander, hatten auch noch zwei mal was laufen, aber jedes weitere Mal lief genau wie das erste Mal. Dabei schwort er, das wäre ihm noch nie passiert, während ich cool und gelassen blieb und ihm versicherte, dass das jedem Mann passieren kann.

Nach meiner Trennung hatte ich überhaupt kein Interesse daran, etwas weiter zu vertiefen und mir passte es nicht in den Kram, dass er jedes Mal noch stundenlang bei mir rumhing, ich ihn massieren sollte und im besten Fall noch einen Blowjob zum Abschied bekam.

Wo war der Spaß für mich? Ja Leute, das fragt ihr euch zurecht. Den gab's nämlich nicht. Ich würde zu gerne hier dieses schulterzuckende Emoji einfügen, denn das trifft's gerade am allerbesten.

Wir begegneten uns noch mal in einer Bar in meiner Heimatstadt, küssten und und er flippte seinem Kumpel gegenüber gehörig aus vor Eifersucht, als dieser mich spontan schnappte und sehr innig umarmte. Er teilte aber angeblich meiner Freundin kurz nach seinem Ausraster mit, dass er ja überhaupt nichts für mich übrig hätte, er doch eigentlich gleich gesagt hätte, da würde nichts draus werden und dass man sich auf seine Kuschelei nichts einbilden könne. Ich wusste gar nicht, dass ich eine Beziehung von den  Mann erwartete, denn eigentlich war er aufgrund seiner Qualitäten überhaupt kein Beziehungsmaterial für mich. Aber wie sagt man so schön: Einbildung ist auch eine Bildung und wahrscheinlich seine einzige.

Nach 3 Monaten Funkstille schrieb er mich noch einmal an, ob ich denn nicht mal wieder Lust hätte, oder ob die Situation gerade schlecht bei mir wäre. Ich ghostete ihn, wie er es mit mir zuvor getan hatte, denn bei mir muss echt keiner mehr ankommen, der sich so seltsam benimmt.

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